NAMING
17. Mai 2024 von Katharina Herrmann
In diesem Blogbeitrag verrate ich dir, wie das Startup LOOMAID es schaffte, ein verkaufsstarkes Naming für sein Produkt zu entwickeln – und wie die ursprüngliche Namensidee für diese Revolution im Badezimmer war.
Es handelte sich bei LOOMAID um eine patentierte Erfindung und es gab damals noch nicht so viele Silikon-WC-Bürsten ohne Borsten auf dem Markt. Man hätte sich nur einen Namen suchen müssen, der die besonderen Produktmerkmale zusammenfasst. Und genau das taten die Gründer. Bis das Startup zu Selling Stories kam und den ausgedachten Namen wieder über Bord warf. Denn: Ein Name sollte viel mehr transportieren, als nur eine technische Innovation. Ein Markenname sollte sich sofort in den Köpfen verankern, emotional berühren – und schon beim ersten Lesen eine Resonanz erzeugen. Eine starke Marke beginnt mit einem starkem Naming!
Für manche war unser starker Name allerdings ein „starkes Stück“: Im letzten Kapitel erfährst du, welche Ohrfeige wir uns für den Namen LOOMAID abgeholt haben: AUTSCH!
Die Inhalte dieses Blogartikels:
Startup-Name gesucht!
Nach intensiver Produktentwicklung hatten die LOOMAID-Brüder einen Schritt nach dem anderen gemacht, um mit ihrer Businessidee in den Markt zu starten. Sie hatten die Konkurrenz genau analysiert und ihre bunten Silikon-Toilettenbürste ohne Borsten entwickelt, welche den aktuellen Trends und dem Bedürfnis der Deutschen nach Ästhetik und Hygiene im Badezimmer entsprach. Die Gründer hatten einen White Spot im Markt entdeckt, der zu einer klaren Differenzierung sowie einem lukrativen „Höhle der Löwen“-Deal führen – und wenig später das Kaufverhalten in punkto WC-Bürste Millionen Male verändern würde.
„Wir haben ihn!“, sagte Andres Psczolla, einer der LOOMAID Gründer: „Der Name ist LOOMAX!“. Er überreichte mir einen Prototypen, eingepackt in einen schlichten Pappkarton: Eine WC-Bürste mit einem Edelstahlgriff und einem blauen, turbinenförmingen Kopf aus Silikon. Schon länger war ich Zeugin dieser innovativen Erfindung, die das Thema Hygiene in Millionen Badezimmern auf ein neues Level heben würde. „LOOMAX ist doch gut, oder?“, sagte Psczolla. „LOO“ für „Klo“ und „MAX“ für „ein Maximum“ an Sauberkeit und Komfort. Er hielt mir sein Handy unter die Nase. „Die Domains haben wir uns auch schon gesichert“. Wir tranken noch einen Kaffee zusammen, unterhielten uns über andere Themen und nahmen anschließend weitere Termine wahr. Abends stellte ich die Silikon-WC-Bürste ins Bad und ging ins Bett.
Naming ist Positionierung
LOOMAID war mitten in der Gründungsphase und stand wie viele andere Startups vor der Herausforderung, ihre Erfindung zu benennen und somit als Marke strategisch zu positionieren. Die Gründer vertrauten unsere Kompetenz beim Thema Naming und ich war ihnen eine ehrliche Antwort auf die Namensidee LOOMAX schuldig.
Der Wortbestandteil „MAX“ erinnerte mich an meine Tätigkeit als Texterin bei der Werbeagentur Jung von Matt. Für „Bosch Hausgeräte“ hatte ich die Kataloge für die Maxx 7 Geräte geschrieben, eine Serie von Waschmaschinen und Trocknern. Diese wurden mit Produktfeatures wie „Maxx 7 varioPerfect“,„Maxx 7 3D Aquaspar Programm“ oder „Maxx 7 Sensitive“ beworben. Der Namensbestandteil „MAX“ war für mich also schon „Bosch-besetzt“ und ließ mich emotionslos, mochte der Name auch richtig in seiner Aussage für die neue WC-Bürsten-Erfindung sein und den Kundennutzen wie „maximale Sauberkeit“ transportieren.
Für das junge Startup, das noch die große Aufgabe vor sich hatte andere für ihre Idee zu begeistern, wirkte der Name „LOOMAX“ zu kalt und zu rational. Im Gegenzug sah ich, wie die Gründer vor Leidenschaft brannten und mit welcher Energie sie ihr Projekt vorantrieben. Sie besaßen das Patent auf eine innovative WC-Bürste mit Silikonlamellen, hygienischer und ästhetischer als alle anderen Produkte, die bis dahin auf dem Markt zu finden waren: Verschmutzungen würden durch den Lotuseffekt bei jedem Spülgang vom Silikonkopf einfach abperlen und kaum Tropfwasser im Halter verbleiben. Sie hielten diese Erfindung mit großem Marktpotenzial in den Händen würden nun das Fundament ihres Marketings legen: Der neue Produktname sollte mindestens so kraftvoll sein wie die Vision der Erfinder.
Wie benennt man ein innovatives Produkt?
Eine Innovation sollte sich auch im Markennamen widerspiegeln, er sollte auf keinen Fall „wie schon oft gehört“ oder „wie schon immer dagewesen“ klingen. Denn: Eine Neuerfindung wird zuallererst durch ihren Namen kommuniziert. Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance. Der Name trägt im besten Fall eine in diesem Kontext neue Botschaft in sich und sendet sie in Sekundenschnelle aus.
Wenn du nicht möchtest, dass dein Produkt oder deine Dienstleistung als beliebig wahrgenommen werden, dann darf auch dein Markenname nicht beliebig sein. Gerade bei innovativen Produkten gibt es vielleicht noch gar keinen perfekten Begriff. Aber wenn dein Name eine eigene Story erzählt, kann dieser zu einem Bekanntheits-Booster werden und zusammen mit den aufbauenden Marketing-Maßnahmen zur Marktdurchdringung und signifikant höheren Umsätzen beitragen.
Zurück zu LOOMAX: Im Gegensatz zum Wortbestandteil „MAX“ gefiel mir das „LOO“ (engl. umgangssprachlich „Klo“) ganz gut. Es klang irgendwie cool und lässig und trotz seiner Bedeutung nicht unappetitlich oder schmutzig. Zudem wirkte es nicht zu technisch und außer dem legendären ABBA-Hit „Waterloo“ (der Beginn einer beispiellosen Weltkarriere) aus dem Jahr 1974 kam mir spontan nichts mit „LOO“ in den Sinn. Ich beschloss, das LOO zu bewahren und mit somit nicht ganz so weit weg von der Ursprungsidee der Gründer zu entfernen. In den folgenden Wochen machte ich mich auf die Suche dem anderen Wortbestandteil.
Aus MAX wird MAID
Die LOOMAX-Website war inzwischen weit fortgeschritten und das Logodesign in Auftrag gegeben. „Wir haben darüber nachgedacht“, sagte ich zu Andres Psczolla, als ich ihn in Hamburg erneut traf. „Vergesst den Namen LOOMAX. Ihr braucht eine andere Art von Markennamen: Einen Namen, der ein starkes Bild in den Köpfen erzeugt und eure Innovation direkter vermarktet. Einen Namen, der eine ganz eigene Story in sich trägt.“
Im Hinterkopf hatte ich dabei, dass die Gründer ihr neues Produkt viel hochpreisiger aus die herkömmlichen Toilettenbürsten verkaufen wollten. Das Produkt sollte daher direkt zu den Kunden und Kundinnen sprechen: Je mehr sie sich von einem Produkt angesprochen fühlen würden, desto eher würden sie auch den höheren Preis akzeptieren, weil sie einen emotionalen, erzählerischen Nutzen zu dem Produkt dazubekommen würden.
Die Devise war also: „Verabschiedet euch von allem allzu Technisch-Rationalem. Werft Wortbestandteile der Superlative wie „Max“, „Super“ oder „Ultra“ über Bord. Seid anders!“ Die Brüder waren mit ihrer patentierten Erfindung ihrer Zeit voraus, glaubten an ihr Produkt und hatten ein feines Gespür für die Bedürfnisse am Markt. Es bestand also keine Notwendigkeit, die Behauptung einer „Best-WC-Bürste“ aufzustellen. Wir würden vielmehr einen zukünftigen „Best-Seller“ benennen. Dieser würde das Versprechen von Sauberkeit und Komfort bereits in sich tragen. Mit einem Namen, der sich nicht bemüht, werblich zu sein und zu erklären versucht, sondern sich wie von selbst verkauft.
Und dann kam es: „Wie wäre LOOMAID?“, schlug ich Psczolla vor, „wie Loo + Maid“. „Klingt gut!“ antwortete Psczolla spontan. Wir googelten LOOMAID: Nichts. Keine relevanten oder bedeutungsvollen Treffer. Das Netz war leer, dieser Name stand auf den ersten Blick noch für nichts. Beim Domaincheck für die .de-Domain leuchten die Buchstaben grün auf. Hier war er wieder, dieser Moment: Ein guter Name überzeugt SOFORT. Nein, eigentlich muss es heißen: Er überzeugt nicht nur blitzschnell, er VERKAUFT SOFORT. Auch die rechtliche Markenprüfung gab später grünes Licht und der Weg war frei für LOOMAID.
Bildhafter Name: LOOMAID und room maid
Es sind immer wieder Geschichten, die Menschen begeistern und unterhalten: Für eine gute Geschichte ist auch in einem eng getakteten Alltag und überall auf der Welt immer Zeit. Wenn du also kurz davor bist, mit deiner neuen Businessidee in den Markt zu starten, dann plane auf jeden Fall genug Budget und Zeit für die Namensentwicklung ein. Sichere dir einen Namen mit Storytelling-Superkräften, der wie ein Booster für deinen Markenerfolg wirkt. Dieses bekannte Zitat von Jon Thomas ist für mich der Schlüssel für jede Markenpositionierung:
„People don´t have 30 seconds to be interrupted – but they always have 30 minutes to hear a great story.”
Wenn du das beim Markenaufbau im Blick hast, kannst du mit deinem Investment später ein Vielfaches erwirtschaften. Eigentlich ist es so einfach: Setze ein starkes universelles Bild oder eine gelernte Geschichte in einen neuen Kontext und nutze diesen Überraschungsmoment für deine Marke. Betreibe rasantes Storytelling. Wie bei LOOMAID, abgeleitet von „room maid“, dem Zimmermädchen. Übersetzt heißt „LOOMAID“ das „Klomädchen“ und ist die Personifizierung von Sauberkeit, Frische und Wohlfühlen. Das Produkt wird zur Alltagshelferin. Eine Story, die sofort verstanden – und zusammen mit den Marken-USP´s später von der Presse und den Medien vielfach weiterverbreitet wurde.
Naming entwickeln: Diese wichtige Frage solltest du dir stellen
Du musst nicht der oder die Beste sein. Du musst auch nicht mit deinem Namen behaupten, der oder die Beste zu sein. Wenn du ein Naming für dein Business entwickeln willst, ist es entscheidender, aus der Sicht deiner Kunden und Kundinnen zu denken.
Ein starker Produktname macht neugierig auf mehr und trägt eine eigene Geschichte in sich. Er ist nicht nur auf den Nutzen oder die Eigenschaften ausgerichtet, die dein Angebot zu bieten hat.
Durch den richtigen Namen entsteht ein Austausch, der auch in der digitalen Welt unersetzbar ist – und eine erhöhte Quote von Veröffentlichungen und Berichterstattungen.
Bei der Namensentwicklung für dein Produkt frage dich also bei jeder neuen Idee:
Hat dieser Name Storytelling-Superkräfte?
Streiche alle Ideen von der Liste, die dich kalt lassen. Teste dann die Reaktion anderer im Bezug auf deine Naming-Favoriten. Sei in dieser Phase nicht zu schnell. Sei nicht kompromissbereit. Aktiviere die Kraft der Geschichten! Schaffe mit dem Namen innerhalb von Sekunden ein emotionales Erlebnis – nutze dann diese Aufmerksamkeit, um deiner Zielgruppe die Vorteile deines Angebots zu kommunizieren – und auf beiden Seiten entsteht mehr Gewinn!
Mit LOOMAID zum Höhle der Löwen-Deal
Mit ihrer LOOMAID-Toilettenbürste realisierten die Gründer-Brüder ihre ersten rund 20.000 Verkäufe – doch noch lief die Marke unter dem Radar. Der große Durchbruch sollte 2020 in der „Höhle der Löwen“ (DHDL) kommen: In dem bekannten TV-Format bewerten bekannte Investoren die Geschäftsideen der Kandidaten. Wenn die Gründer durch ihr Konzept überzeugen, investieren die Löwen in die Startups.
Den Gründern gelang es, mit einem Deal die Höhle der Löwen wieder zu verlassen, nationale Bekanntheit zu erlangen sowie später millionenfache Verkäufe zu generieren. In der entscheidenden Phase konnten die Gründer mit ihrem Produkt in Verbindung mit einem markenrechtlich abgesicherten und starken Namen punkten und somit ihre Marke den entscheidenden Schritt nach vorne bringen.
War „LOOMAID“ bis dahin noch „ein Name“ für die Neuerfindung, so wurde er mit der VOX-Show und den unzähligen folgenden Berichterstattungen zur Marke mit eigenem Markenwert – im Gegensatz zu den anderen unbekannten „namenlosen“ Produktalternativen. Mit der medialen Bekanntheit der LOOMAID-Toilettenbürste verbunden mit der Löwen-Vertriebspower hatten die Gründer ihre Konkurrenz einfach weggefegt.
Goldener Zaunpfahl: Unser Klomädchen hat seinen Preis!
„Belohnt“ wurde der Name „LOOMAID“ mit dem Wink mit dem „Goldenen Zaunpfahl“, der Negativ-Auszeichnung für „absurdes Gender Marketing“, des klische*esc e.V. mit Sitz in Bonn. In der Erklärung des des klische*esc heißt es: „Wenn man nach veralteten Rollenverteilungen geht, ist die Bezeichnung der Loomaid-Klobürsten tatsächlich in gewisser Weise naheliegend. Bedeutet “Loo” auf Deutsch doch “Klo” und Maid “Dienstmädchen”. Das Produkt beschreibt sich mit diesem Namen also frei übersetzt selbst als “Klomädchen”. Es wird somit direkt beim Namen darauf hingewiesen, für wen es gedacht ist. Klischee auf, Klobürste rein, Klischee zu.“
Es ist richtig: Der Name „LOOMAID“ bedient sich der gesellschaftlich geprägten Geschlechterrollen, Verhaltensunterschiede und Stereotypen. Beim Gender Marketing basiert die Markenstrategie genau darauf.
Was uns dieser unrühmliche Preis jedoch zeigte, war Folgendes:
Der Name (bzw. unsere Story) wurde sofort verstanden. Mit dem ursprünglichen Namen LOOMAX wären wir vermutlich gar nicht erst angeeckt und hätten keine Neugierde geweckt. Wenn wir jedoch versuchen, unsere Marketingbotschaften allzu allgemeingültig, sachlich und politisch korrekt rüberzubringen dann entstehen oft Botschaften, die man gar nicht mehr richtig greifen kann. Sie berühren nicht und haben keine emotionale Relevanz mehr.
Die Entscheidung für Gender Marketing ist daher immer wieder ein Balanceakt: Es sollte wohldosiert und möglichst sensibel eingesetzt werden. Ganz bewusst haben sich die Designer der Hamburger Agentur Bureau Bald daher für ein eher neutrales Logo-Design entschieden. Es entstand keine „rosa Putzfee“, sondern ein schlichter Schriftzug in blau-schwarz.
Zu Gold passt Gold
Was klische*esc nicht erwähnte: Neben einer pinken, blauen und grauen LOOMAID gibt es auch eine goldene Klobürste. Der Höhle der Löwen-Hit hat nämlich einen Ehrenplatz in der Ralf Dümmels „Hall of Fame“ bekommen: Mit weit über einer Million verkauften LOOMAIDS ging es für das Startup nach dem Auftritt in der VOX-Show steil nach oben. Schon bald hieß es überall: Ausverkauft! „Bevor die Werbezettel in die Haushalte kamen, war die Ware bereits weg“, freute sich der Löwe Ralf Dümmel rückblickend. (Quelle)
Die LOOMAID-Brüder haben also schon 2x Gold abgeräumt. Und, viel wichtiger: Mit ihrem „Klomädchen“ haben sie es mit der Unterstützung von Selling Stories geschafft, ihre eigene Geschichte zu finden, eine klare Positionierung zu manifestieren und diese gewinnbringend zu kommunizieren.
PS: Die LOOMAID Gründer haben 10 Jahre lang an ihrer Entwicklung gearbeitet.
PPS: Wenn du denkst, dein Produkt ist vielleicht noch nicht gut genug, du aber keine 10 Jahre Zeit hast, dann lies noch dieses Zitat von Seth Godin, Bestseller-Autor in über 39 Sprachen:
„Beim Marketing geht es nicht mehr um die Dinge, die man herstellt, sondern um die Geschichten, die man erzählt.“